In Bezug auf Tod und Sterben begegnet mir immer wieder der Satz: „Das ist doch nichts für Kinder!“
Wieso soll man mit Kindern nicht über den Tod sprechen können? Immer wieder kommen Klienten zu mir, die noch nach Jahrzehnten darunter leiden, dass Sie bei der Beerdigung der verstorbenen Großeltern nicht dabei waren. Der November ist ein Monat, in dem wir an unserer Toten besonders gedenken. Wir stellen Kerzen auf den Gräbern und schmücken sie besonders. Die katholische Kirche kennt den Brauch, an Allerseelen (2. November) die Gräber zu segnen. „Woher kommen wir? Wohin gehen wir?“ – Fragen, die den Menschen von je her bewegen. Deswegen ist es sicherlich gut, wenn wir mit Kindern dem Tod begegnen.
Woher kommen wir?
Die Frage „Woher kommen wir?“ ist in unserer Gesellschaft längst enttabuisiert worden. Sie ist zum Thema in unseren Kindergärten und schulischen Lehrplänen geworden. Die Frage „Wohin gehen wir?“ ist jedoch immer noch Tabuthema in vielen Familien, trotz Hospizbewegung und Palliativstationen.
„Tod – Das ist doch nichts für Kinder!“
„Tod – Das ist doch nichts für Kinder!“, ist eine weit verbreitete Einstellung wohlmeinender Erwachsener, die Kinder in einer schönen, heilen Welt aufwachsen sehen wollen. Doch Kinder werden immer wieder mit der unumgänglichen Realität des Todes konfrontiert.
Durch Film und Fernsehen sehen Kinder bis zum 18. Lebensjahr Tausende Tode. Sie machen Erfahrungen mit sterbenden und toten Tieren bzw. Haustieren und schließlich spielen Kinder Sterben und Tod. Kinder können – ihrem jeweiligen Alter entsprechend – meist ganz ehrlich und natürlich mit dem Tod umgehen. Erst dadurch, dass Erwachsene so unsicher und hilflos im Umgang mit dem Sterben und Tod sind, wird das Thema zum Problem für Kinder.
Aufgabe der Erziehung ist es, Kinder schrittweise ins Leben einzuführen, so wie es wirklich ist; nicht nur in die Sonnenseiten, sondern auch in die Begrenztheit unseres Lebens. Und dazu gehören Krankheit, Behinderungen und Tod.
Von Altem trennen, um Neues beginnen zu können
Immer wieder begegnen wir Wendepunkte in unserem Leben. Wir müssen uns von Altem trennen, um Neues beginnen zu können. Sterben, Trauer, Trennung, Tod sind Teil unseres Lebens, wir dürfen sie nicht verdrängen, denn sonst bringen wir uns um wesentliche Lebenserfahrungen und Wachstumsmöglichkeiten.
Ein einfaches Beispiel ist das Laufen lernen eines Kindes: Das Erlernen beinhaltet für ein Kind auch Leiderfahrungen, es fällt hin, es stößt sich den Kopf, es ist frustriert, weil es nicht so schnell laufen kann, wie es möchte. Weder Vater noch Mutter würden auf die Idee kommen, ihrem Kind diese leidvollen Erfahrungen zu ersparen. Sie gehören zum Leben lernen, zum Wachsen dazu. Ich verstehe Trennung, Leid und Tod als Teil unseres Lebens. Es ist eine wichtige Lebenserfahrung, die Kinder machen, in die Eltern ihre Kinder liebevoll begleiten sollten.